Frühjahr 2025: die Mitarbeiter in unserer Firma sind zunehmend verunsichert. Die wirtschaftliche Lage spannt sich immer mehr an, insbesondere in der Automobilbranche, in der wir tätig sind. Von großen Automobilbauern und deren Zulieferern liest man jede Woche Nachrichten über Entlassungen, Stellenabbau, Produktionsverlagerungen. Veränderungen liegen in der Luft.
Eine solche Atmosphäre bringt Stress, Verunsicherung und Ängste mit sich. Und das kann die Zufriedenheit der Mitarbeiter und auch die Arbeitsleistung stark beeinträchtigen. Also hat die Geschäftsleitung auf den Vorschlag einer Kollegin hin gegengesteuert. In einem mehrteiligen Workshop, der sich über vier Wochen erstreckte, sollten die Mitarbeiter Werkzeuge und Tipps bekommen: was kann jeder selbst gegen Stress, ständiges Gedankenkarussell und Zukunftsängste tun, um besser mit der Situation klarzukommen?
Wie wir den Workshop durchgeführt haben, was die Teilnehmer dazu sagen und was es allen gebracht hat, kannst du hier lesen.
Darum geht es
Das Projekt und wie es dazu kam
Wir sind Dienstleister in der Automobilbranche. Wir, das ist die Firma, bei der ich als Verantwortliche für Finanzen, Rechnungswesen und Controlling arbeite. Ein mittelständischer Betrieb mit etwa 40 Mitarbeitern. Seit einiger Zeit weht ein rauer Wind durch diese Branche, das bekommen auch wir zu spüren. Langjährige Kunden verlegen ihren Support, den wir bisher durchgeführt haben, nach Übersee. Einzelne nur, aber trotzdem: plötzlich fühlen sich die Arbeitsplätze für manche gar nicht mehr so sicher an.
Da wollten wir gegensteuern. Gegen die Trends der Branche können wir wenig tun, daher war der Plan, die Mitarbeiter persönlich zu begleiten. Ihnen Kraft für diese wilden Zeiten zu geben, in denen wir uns befinden. Die Teilnehmer sollten alltagstaugliche Tipps zum Stressabbau bekommen und Gedankenimpulse, die helfen, Ängste loszulassen. So wird neben der persönlichen Zufriedenheit auch die mentale Gesundheit, die Motivation, Kreativität und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter gestärkt.
Und so habe ich meinen Kollegen im Frühjahr 2025 eine vierteilige Workshopreihe angeboten mit dem Titel:
Unsichere Zeiten – Umgang mit Stress, Ängsten und Veränderung
Wir waren nicht sicher, ob das im Kollegen-Setting funktioniert. Ich bin zum einen geprüfte Resilienz-Trainerin und Stressmanagement-Coach, aber eben auch Mitglied der Geschäftsleitung und die Controllerin des Unternehmens. Doch die Sorge war unbegründet. Die Resonanz war sehr gut, mehr als ein Drittel der Eingeladenen hat die Möglichkeit wahrgenommen.
Online-Sessions statt Präsenzworkshops. Wir arbeiten sehr dezentral, die meisten Kollegen haben schon immer aus dem Homeoffice gearbeitet. Die Anreisewege zur Firmenzentrale wären teilweise lang, was den Teilnehmerkreis sehr eingeschränkt hätte. Wie gut, dass wir alle so geübt in Onlinemeetings sind.
Klare Regeln erleichtern das Miteinander, wenn es persönlich wird. Und vermeiden lange Diskussionen und Streit. Daher haben wir vor Beginn miteinander ein paar Regeln vereinbart, die mir persönlich wichtig sind: Wertschätzung und Respekt im Umgang miteinander, Toleranz für unterschiedliche Sichtweisen und absolute Vertraulichkeit von persönlichen Inhalten. Was in der Gruppe gesprochen wird, bleibt in der Gruppe.
Die 45-minütigen Calls fanden während der Arbeitszeit statt. Bewusst nicht zu lang, damit es jeder in seinem Terminplan gut unterbringt. Die Calls wurden aufgezeichnet und waren noch 14 Tage lang verfügbar, natürlich ausschließlich für die Workshop-Teilnehmer. Das nur als Möglichkeit, falls jemand einen Termin verpasst hat oder ein Thema nochmals nachhören wollte.
An jedem Arbeitstag bekamen alle Teilnehmer morgens eine E-Mail von mir ins Postfach. Täglich ein alltags- und bürotauglicher Anti-Stress-Tipp zum Ausprobieren. Tools, die helfen, aus akuten Stresssituationen herauszufinden und in Ruhe weiterarbeiten zu können oder Ideen für stärkende Pauseninseln im Tagesablauf. Dabei habe ich abwechselnd sehr verschiedene Methoden oder Tipps gewählt, so dass jeder etwas finden konnte, was für ihn oder sie funktioniert.
Ablauf der vier wöchentlichen Calls
✅ Vorstellung eines vorbereiteten Themas:
- Was ist Resilienz + Überblick über die 7 Säulen der Resilienz und was sie bedeuten
- Bedeutung, Wirkung und Folgen von Stress / Lösungsorientierung statt Problemfokus (Veränderung ist möglich!)
- Was ist Achtsamkeit und was kann sie bewirken? Eigene Bewertungen und Erwartungen anderer – wo können sie dir das Leben schwermachen und wie kannst du das ändern?
- Mindset stärken: Positives Denken, Eigen-Kommunikation verbessern, Selbstfürsorge und der Umgang mit dem inneren Kritiker
✅ Fragen oder Anmerkungen der Teilnehmer dazu. Sind noch ergänzende Erklärungen nötig? Wo sind die Teilnehmer schon in Kontakt mit den besprochenen Themen gekommen? Wo hätten sie es sich gewünscht?
✅ Die Möglichkeit für die Teilnehmer, über aktuelle Herausforderungen zu sprechen (freiwillig). Hier wurden Erfahrungen oder die Frage eines einzelnen Teilnehmers besprochen. Ich habe das in allen Workshops die ich bisher auch als Teilnehmer besucht habe, als gewinnbringend für die ganze Gruppe erlebt. Sehr oft werden Themen angesprochen, an die ich nicht gedacht habe, die aber für mich ebenso relevant sind.
✅ Tipps und Feedback dazu, gemeinsames Erörtern von Lösungsmöglichkeiten.
✅ Austausch über die Anti-Stress-Tools, die per Mail kamen. Wer hat schon etwas ausprobiert und wie waren die Erfahrungen damit?
Was hat sich verändert?
Definitiv verändert hat sich der Umgang miteinander. Wir sind uns nähergekommen, haben uns ein Stück mehr als Menschen wahrgenommen, nicht nur als Kollegen. Der Austausch war sehr offen, die Atmosphäre vertrauensvoll. Die Teilnehmer haben sich gegenseitig motiviert und Tipps gegeben.
Jetzt, da ich diesen Artikel schreibe, sind einige der Kolleginnen und Kollegen schon nicht mehr bei uns in der Firma tätig, teils auf eigenem Wunsch, teils nicht. Nahezu alle haben ohne große Schwierigkeiten neue Arbeitsstellen gefunden und konnten mit den Veränderungen umgehen.
Auch das war ja ein Anliegen des Workshops: Veränderungen nicht als Katastrophe zu sehen. Offen zu bleiben für neue Möglichkeiten, mit offenem Herzen vorwärts gehen zu können statt am Gewohnten zu klammern. Das ist mit Sicherheit nicht immer leicht und manchmal richtig schwer. Aber ich wünsche mir, dass mein Workshop ein kleiner Beitrag dafür war, das Licht am Ende des Tunnels immer sehen zu können.
Was die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sagen
Es war eine bunt gemischte Gruppe und es war schön, einmal auf diese ganz andere Art miteinander zu arbeiten. Das Thema Stress, Ängste und Umgang mit Veränderungen war interessant und wichtig. Hier sind ein paar Auszüge aus den Rückmeldungen der Teilnehmer:
Petra:
Da ich schon jahrelang zu einem Heilpraktiker gehe sind mir viele der Themen, die hier angesprochen wurden, nicht fremd. Diese dann im Alltag umzusetzen ist dann aber noch ein anderes Thema. Und dazu haben wir im Workshop viele Tipps bekommen.
Gerd:
Diese Erfahrung hat mir persönlich einige Dinge aufgezeigt, die ich ändern kann und will. Ebenso wie ich die richtigen Ansätze dazu finde. Absolut priorisiert ist für mich persönlich das Thema „Achtsamkeit“. Hierauf hatte ich konkret nie geachtet, werde dies verstärkt machen und sehe hier einen gewinnbringenden Nutzen für mich. …. Und vor allem, schlicht den Anstoß, darüber nachzudenken und andere Lösungsansätze zu finden als das einfach als gegeben hinzunehmen.
Birgit:
Ich habe schon gemerkt, dass sich etwas verändert. Ich bin/war z.B. auch der Büroesser, bedingt auch einfach durch meine Teilzeittätigkeit. Trotzdem versuche ich jetzt, mir bewusst ein paar Minuten zu nehmen, um in Ruhe ein Müsli zu essen und durchzuatmen. … Das tut gut! 🙂 Außerdem lese ich abends im Bett wieder ein gutes Buch, das lenkt auch ab und man schläft mit anderen Gedanken ein.
Ulrich:
Ja, [Anm.: der Workshop hat schon etwas verändert] weil ich gelernt, gespürt habe, dass ich den schwierigen Situationen nicht wehrlos ausgeliefert bin. In den diversen Krisen in der Welt und bei mir persönlich können auch Chancen stecken.
Julius:
Manchmal sind es die kleinen Dinge, die mir in Stressmomenten nicht einfallen. Mit dem Inhalt [des Workshops] ist es wieder „ins Leben gerufen“ worden. Auch Ideen anderer Mitarbeiter waren interessant. Gegenüber Dingen, die einem auf Anhieb ungewöhnlich erscheinen, wird eine Abwehrhaltung aufgebaut. Falscher Weg. Erst ausprobieren und dann eine eigene Meinung darüber bilden.
Nicht alle Teilnehmer waren rundherum begeistert. Ein Kollege kann mit dem Onlineformat wenig anfangen und hätte lieber einen Präsenzworkshop gehabt. Einem Teilnehmer waren die Inhalte zu esoterisch.
Zusammenfassung der Learnings
Die Teilnehmer haben erfahren und für sich mitgenommen, dass Veränderung möglich ist, wenn sie den Blick auf Lösungen richten.
Auch schon bekannte Informationen wurden aktiviert und die Umsetzung im Alltag gelernt, die bisher nicht funktioniert hat.
Es gab eine große Bereitschaft, neue Methoden auszuprobieren, um herauszufinden, was für den Einzelnen funktioniert. Vorbehalte gegen neue Denkweisen wurden zumindest teilweise abgebaut.
Einige fühlen sich nicht mehr ausgeliefert, sondern können Veränderungen auch als mögliche Chance sehen.
Zwei Teilnehmer haben direkt rückgemeldet, dass sie besser schlafen.
Und was hat die Firma davon?
Unsere Firma als Arbeitgeber hat damit einen starken Impuls gesetzt. Mitarbeiter werden wertgeschätzt, das mentale Wohlbefinden liegt dem Arbeitgeber am Herzen. Dafür wurden Zeit und Ressourcen investiert.
Der Gewinn der Firma dabei: zufriedenere Mitarbeiter, die sich gesehen fühlen. Und sicher einiges mitgenommen haben, um in künftigen Stress- und Veränderungssituationen handlungsfähig und lösungsorientiert zu bleiben. Durch einen besseren Umgang mit Ängsten und Stress wird ein aktiver Beitrag zur Gesundheitsvorsorge geleistet. Zufriedenere und entspanntere Mitarbeiter sind leistungsfähiger, kreativer und seltener krank. Notwendige Veränderungen gelingen besser. Darüber gibt es inzwischen zahlreiche Studien.
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