Sitzt du noch bis spätabends an deiner Präsentation und schiebst die Textfelder an die richtige Stelle? Überarbeitest du vor der Veröffentlichung eines Blogartikels zum zweiten Mal dein Beitragsbild, weil ein anderes Foto besser passt? So was in der Art? Dann willkommen in meiner Welt. Das ist Perfektionismus.
Egal wie gut du bist: da ist immer dieses nagende Gefühl „Ich hätte mehr tun können.“ „Ich hätte es besser machen müssen.“ Zugleich ist der innere Kritiker größter Stressfaktor bei Berufstätigen. Bei einer Forsa-Studie im Auftrag der KKH im Jahr 2024 gaben 65% der Befragten an, sich durch ihren eigenen Perfektionsanspruch gestresst zu fühlen. Damit war Perfektionismus der am meisten genannte Stressauslöser.
Die gute Nachricht: Wenn der größte Stressfaktor deine Ansicht über dich selbst ist, wie du sein solltest oder welche Ergebnisse du präsentieren solltest, bist auch du diejenige, die die Veränderung in der Hand hat. Du musst nicht darauf warten, dass andere etwas dafür tun. Ich habe gelernt, mit meinem Perfektionismus umzugehen, so dass er mich nicht mehr (so oft) blockiert, sondern zu guten Leistungen animiert. Was Perfektionismus (eigentlich) ist, wie der innere Kritiker da mitspielt und welche Möglichkeiten es gibt, Perfektionismus loszuwerden und entspannter zu leben, kannst du in diesem Artikel lesen.
Darum geht es:
Was ist Perfektionismus – und wann schadet er dir?
Perfektionismus klingt wie eine Tugend. Wer möchte nicht alles „richtig“ oder so gut wie nur irgend möglich machen? Das ist im Prinzip eine gute Sache. Wenn da nicht dieser innere Kritiker wäre, der keine Ruhe gibt und nie zufrieden ist, selbst wenn das Ergebnis sehr gut ist.
Stress durch Perfektionismus. Perfektionisten setzen sich selbst sehr hohe Standards und wollen alles, was sie tun, so gut wie möglich machen – perfekt eben. Sie streben Fehlerlosigkeit an, da Fehler in ihren Augen Scheitern bedeuten. Dann wird Perfektionismus zum Problem – wenn dein Anspruch an dich selbst so hoch wird, dass du ihn kaum noch erfüllen kannst. Und wenn selbst Erfolg sich nie „gut genug“ anfühlt.
❗ „Mist, die Schriftgröße in den Folien war nicht einheitlich.“ nachdem eine fachlich erstklassige Präsentation gehalten wurde
❗ „Das Gemüse war zu weich.“ nachdem Gäste mit einem äußerst leckeren Abendessen bewirtet wurden
Solche Sätze sind Beispiele dafür, dass der innere Antreiber niemals zufrieden ist. Und wer ständig übermäßig selbstkritisch ist, für den wird Perfektionismus zum Stressbooster erster Klasse:
⚡Er macht dich unzufrieden – selbst bei großartigen Ergebnissen.
⚡Er raubt dir Zeit, weil du ewig an Kleinigkeiten feilst.
⚡Und er macht krank, weil dein Körper nie in die Entspannung kommt.
Perfektionismus ist die getarnte Angst vor Ablehnung. Die Angst, nicht gut genug zu sein. Die Angst, Erwartungen nicht zu erfüllen und nicht „dazuzugehören“.
Der innere Kritiker: Wer flüstert dir da ständig ins Ohr?
Hinter Perfektionismus steckt oft ein unsichtbarer Motor: der innere Kritiker. Dieser Kritiker will dich schützen – vor Fehlern, vor Kritik und vor Ablehnung. Das Problem ist, dass er gnadenlos ist und kein Maß kennt. So sorgt er dafür, dass du ständig an dir zweifelst, anstatt stolz auf dich zu sein.
„Das war ja wohl gar nichts, war ja klar.“ oder „Die anderen schaffen das alle – aber ich natürlich mal wieder nicht.“ Wenn dir solche Sätze bekannt vorkommen, dann bist du deinem inneren Kritiker schon begegnet.
Woher kommt diese kritische Stimme? Die Psychologie geht davon aus, dass negative Glaubenssätze hinter dem inneren Kritiker stecken. Diese haben wir im Lauf des Lebens erworben, aus der Beziehung zu unseren Eltern, später auch durch Ansprüche von Freunden und Arbeitskollegen oder durch gesellschaftliche Normen. Manche Glaubenssätze – negative wie auch positive – übernehmen wir dabei ganz unbewusst.
„Ich muss alles perfekt machen, sonst mag mich niemand.“ könnte so ein Glaubenssatz sein, der den Perfektionismus befeuert. Oder: „Ich darf keine Fehler machen, sonst lachen alle über mich.“
Kommt dir das vertraut vor? Was sind deine negativen Glaubenssätze, die dich unter Druck setzen und in die Perfektionismus-Falle treiben?
Was Perfektionismus mit deinem Nervensystem macht
Dein Körper unterscheidet nicht zwischen äußerer Bedrohung und innerem Druck. Wenn du dich ständig selbst antreibst, aktiviert dein Nervensystem den „Kampf-oder-Flucht“-Modus: deine Muskeln verspannen sich, dein Herz schlägt schneller, du schläfst schlechter, deine Gedanken kreisen pausenlos.
Langfristig kann dieser Dauerstress zu Erschöpfung, Ängsten, depressiven Verstimmungen oder körperlichen Beschwerden führen wie zum Beispiel Verspannungen, Kopfschmerzen, Magen-Darm-Beschwerden oder einer Schwächung des Immunsystems.
Die gute Nachricht ist: Du kannst lernen, dein System zu beruhigen – und neue, gesunde Denk- und Verhaltensweisen zu etablieren.
Und jetzt? Drei konkrete Schritte aus der Perfektionismus-Falle
1. Mach deine Ansprüche sichtbar
Schreib dir einmal auf, was du glaubst, wie etwas „sein muss“, damit es gut genug ist. Zum Beispiel: „Ich darf nie eine Deadline verpassen.“ Oder: „Ich muss immer eine Antwort haben.“
Frage dich dann ehrlich: Wer hat das entschieden? Und: Was würde wirklich passieren, wenn es nicht zu 100% klappt? Du wirst sehen: viele Überzeugungen halten der Realität nicht stand.
2. Feier bewusst, was gut läuft – ohne „aber“
Trainiere dich darauf, deine Erfolge anzuerkennen. Auf das Positive zu blicken. Nicht relativieren, nicht gleich den nächsten Maßstab anlegen.
Schreib dir jeden Abend drei Dinge auf, die gut gelaufen sind. Und zwar ohne das „…aber ich hätte noch…“. Das ist eine einfache Übung – aber mit großem Effekt.
3. Setz dir Pausen-Termine
Was im Kalender steht, hat Priorität. Block dir Zeiten für Erholung, für Nichtstun, für Zeit mit dir selbst – Zeit in der du nicht perfekt sein musst.
Und zwar so selbstverständlich, wie du ein wichtiges Business-Meeting oder die Termine der Kinder blockierst. Dein Akku lädt sich nicht von alleine. Und wer ständig auf Reserve läuft, ist irgendwann leer.
Langfristig entspannter leben
Veränderung beginnt mit Bewusstsein – aber sie braucht auch Zeit, Geduld und vielleicht auch Begleitung. Nicht weil du das Wissen nicht selbst finden kannst. Sondern weil es manchmal den Blick von außen braucht, Erinnerung an das, was du schon weißt, die richtigen Fragen oder Tipps, damit die Veränderung gelingen kann.
Fragst du dich: Wie kann ich meinen Perfektionismus loslassen? Oder so verändern, dass er mich motiviert, anstatt mich zu blockieren?
In meinen Coachings unterstütze ich Frauen wie dich dabei, alte Muster zu erkennen, loszulassen und neue Wege zu gehen. Ob im Einzelcoaching „Von Mayday zu My Day“ oder in meinem Gruppenprogramm „Weg mit dem Stress“ – du lernst, deine Kraft zurückzuholen, eine Strategie und inneren Frieden zu finden und dein Leben in Balance zu bringen.
Fazit: Du musst nicht weniger leisten – aber anders mit dir umgehen
Es geht nicht darum, plötzlich nachlässig oder „weniger ehrgeizig“ zu sein. Es geht darum, gut mit dir selbst umzugehen. Zu erkennen, dass dein Wert nicht davon abhängt, wie perfekt du funktionierst. Dass es kein Zeichen von Schwäche ist, auf sich selbst zu achten – sondern von echter Stärke.
Und ja: Es braucht Mut, etwas zu verändern. Aber noch mutiger ist es, sich selbst ehrlich einzugestehen, dass es so wie bisher nicht mehr weitergehen kann. Perfektionismus ist ein Schutzmechanismus. Doch wenn er dich krank macht oder Stress verursacht, ist es Zeit, etwas zu verändern.
Wenn du an dem Punkt stehst: Es ist nie zu spät, neue Wege zu gehen – mit mehr Leichtigkeit, Gelassenheit und Klarheit.

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